Besucher aus vielen Ländern sind in diesem Sommer zu Gast in Hermannstadt
In den Sommermonaten sind sie aus dem Stadtbild kaum wegzudenken:
ausländische Gäste, auf Stadtbummel durch die Innenstadt. Den Reiseführer in der Hand und die Kamera schußbereit, sind sie leicht auszumachen. Was hat
sie nach Rumänien geführt, was nach Hermannstadt? Die Hermannstädter Zeitung hat sich umgehört. Quer durch Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien,
Ungarn und Rumänien mit dem Fahrrad ist schon ein Mammutprogramm an sich. Und das in nur zehn Tagen – da kann einem schon mal die Puste ausgehen. Die
Franken Hartmut Röhl, Gerhard Mast, Heinz Kamm, Robert Wien und Hans Metz sehen trotzdem nicht besonders geschafft aus. Vielleicht liegt es an ihren
aerodynamischen Rädern: Vier von ihnen sind mit dem Liegerad unterwegs. Die tiefergelegten Rennmaschinen, die sie gerade auf dem Großen Ring geparkt
haben, ziehen auch jetzt wieder neugierige Blicke auf sich – wie auf der gesamten Reise von Nürnberg nach Siebenbürgen. „Die Leute hupen und winken und
sind überhaupt sehr aufgeschlossen“, berichten die Radler. Hermannstadt haben sie als Ziel ausgesucht, weil hier ein Bekannter arbeitet.
Ebenfalls auf dem Großen Ring: Zu Füßen des Standbildes von Gheorghe Lazar hat sich Familie Lolkema aus Roosendaal niedergelassen, um ein paar
„koekjes“ zu naschen, wie die Holländer ihre Kekse nennen. Sie sind zum ersten Mal in Rumänien – und insbesondere begeistert von der deutschen Kultur
und Geschichte. „Man muß sie nicht suchen, sie ist überall da“, freut sich Marjon Lolkema. Zum Beispiel am vergangenen Sonntag, als sie den
evangelisch-deutschen Gottesdienst in Birthälm besucht haben. Auch in Hermannstadt spüre sie die sächsische Vergangenheit – aber ebenso, daß Rumänien
ein Land sei, in dem die Entwicklung vorangehe.
Das meint auch Anna Vetro aus Turin, der die vielen Baustellen in Hermannstadt auffallen. Vor
zwei Jahren ist die Italienerin zum ersten Mal hier gewesen. Jetzt schlendert sie über den Kleinen Ring und erzählt von den freundlichen Menschen in
Rumänien. Besonders aufgefallen sei ihr der Stolz, mit dem Traditionen gepflegt würden.
„Praktisch nichts“ von Hermannstadt und Rumänien wußten
Tina und Ernst Barenschee aus Frankfurt. Sie sind mit einer Gruppenreise hier. Am Nachmittag geht es ins Astra-Museum; im Moment haben die beiden
„frei“. Hermannstadt beeindruckt die beiden Hessen nicht nur wegen der schönen Häuser und Plätze, sondern auch wegen des Lebens auf der Straße. Zwar
gebe es in Rumänien einen großen Stadt-Land-Unterschied. „Aber auch die Dörfer sind gepflegt“, findet Tina Barenschee. „So viele Blumen in den Gärten
habe ich lange nicht mehr gesehen.“
Auf den Stufen der orthodoxen Kathedrale haben sich drei junge Polen niedergelassen. Daniel Smola, Michail
Jopek und Emilia Bugatka machen nur einen kurzen Zwischenstopp in Hermannstadt, eigentlich waren sie zum Wandern in den Fogarascher Bergen – wo sie
wegen der Regenschauer der letzten Tage ziemlich naß geworden sind. Am Abend geht der Zug zurück nach Hause, aber vorher wollen sie zumindest noch ein
bißchen mehr von der Stadt sehen, über die sie „gar nichts“ wissen.
Auch eine - nach eigenem Bekunden - echte „Sommersächsin“ hat es zur
orthodoxen Kathedrale gezogen: Amalia Barbusiu ist vor acht Jahren nach Deutschland ausgewandert und nun zum zweiten Mal zurück in der alten Heimat.
„Ich kann hier kaum schlafen, morgens bin ich gleich wach, so viel gibt es zu sehen“, schwärmt die gebürtige Hermannstädterin: „Die Kirchen, die
Gemälde, die alten Häuser – wenn man eine Zeit weg ist, dann lernt man das erst richtig schätzen“.
Ulrich MENDELIN
Hermannstädter Zeitung
Nr. 1891/20. August 2004
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